Haftung der Großeltern auf Kindesunterhalt, wenn der unterhaltsverpflichtete Elternteil nicht zahlt!
Brandenburger Wochenblatt, 27.01.2013
Unterhaltspflicht der Großeltern gegenüber dem Enkelkind? Als Laie könnte man meinen, dass das nicht sein kann. Eine Zahlungspflicht der Großeltern ist jedoch nicht abwegig, zumal sich diese aus dem Gesetz ergibt.
Nach den gesetzlichen Unterhaltsvorschriften sind alle in gerader Linie Verwandten zur Unterhaltsleistung berechtigt oder verpflichtet. Zu diesen Verwandten in gerader Linie gehören auch die Großeltern, so dass eine Unterhaltspflicht der Großeltern gegenüber ihren Enkeln bestehen kann. Die Großeltern haften für den Unterhalt ihrer Enkelkinder erst, sofern der näher verwandte Elternteil nicht zur Zahlung imstande ist, er sich der Leistung entzieht oder ein Unterhaltstitel gegen den Elternteil nicht vollstreckbar ist. Beispiel: Der Kindesvater wurde vom Gericht verpflichtet, an seine minderjährige Tochter 100 % des Mindestunterhaltes zu zahlen. Der Kindesvater ist arbeitslos und bemüht sich auch nicht um eine Erwerbstätigkeit. Er bezieht lediglich Arbeitslosengeld II. Der bestehende Unterhaltstitel ist gegen den Kindesvater nicht vollstreckbar, da dieser kein pfändbares Einkommen bezieht. Die Kindesmutter, die aufgrund eines weiteren Kindes im Säuglingsalter nicht erwerbstätig ist, erhält für das unterhaltsberechtigte Kind lediglich das Kindergeld und ist auf den Unterhalt angewiesen. Sofern die Großeltern des Kindes ausreichend Einkommen beziehen oder Vermögen besitzen, kann die Kindesmutter den Kindesunterhalt bei den Groß eltern beitreiben. Umstritten ist, ob alle Großeltern, das heißt die Eltern väterlicherseits und mütterlicherseits, haften. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass die Eltern des barunterhaltspflichtigen Elternteils, im Beispielsfall die Eltern des Kindesvaters, allein haften.
Der Unterhaltsbedarf des Kindes richtet sich auch bei einer Haftung der Großeltern allein nach dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils. Dies bedeutet, dass im Beispielsfall die Großeltern im Falle besonders guter Einkommensverhältnisse nicht verpflichtet sind, mehr als den titulierten Mindestunterhalt zu zahlen. Auf der anderen Seite müssen die Großeltern nur das zahlen, wozu sie imstande sind. Der ihnen zustehende Selbstbehalt darf nicht unterschritten werden. Sind mehrere Großelternteile (Omas mütterlicherseits und Opas väterlicherseits) zahlungsfähig, müssen sie für den Unterhalt anteilig aufkommen. Der jeweilige Anteil errechnet sich aus dem jeweiligen Einkommen des Opas oder der Oma.
Der Unterhalt muss gegenüber den Großeltern geltend gemacht werden. Notfalls kann der Unterhalt gerichtlich durchgesetzt werden.
Da sich viele Eltern ihrer Unterhaltspflicht entziehen, steht der das Kind betreuende Elternteil sehr oft mit nur begrenzten finanziellen Mitteln da, da der Unterhalt fehlt. In diesen Fällen ist ein Besuch bei einem im Familienrecht tätigen Anwalt ratsam.
Doreen Hanke - Rechtsanwältin - Fachanwältin für Familienrecht
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